Verallgemeinerter Laplace-Operator

Verallgemeinerte Laplace-Operatoren sind mathematische Objekte, welche in der Differentialgeometrie insbesondere in der Globalen Analysis untersucht werden. Die hier behandelten Operatoren sind Verallgemeinerungen des aus der reellen Analysis bekannten Laplace-Operators. Diese Verallgemeinerungen sind notwendig, um den Laplace-Operator auf riemannsche Mannigfaltigkeit definieren zu können. Eine wichtige Rolle spielen diese Operatoren in den Beweisen für den Atiyah-Singer-Indexsatz und den Atiyah-Bott-Fixpunktsatz.

Definition

Sei ( M , g ) {\displaystyle (M,g)} eine n-dimensionale riemannsche Mannigfaltigkeit, π : E M {\displaystyle \pi \colon E\to M} ein hermitesches Vektorbündel und H : Γ ( M , E ) Γ ( M , E ) {\displaystyle H\colon \Gamma ^{\infty }(M,E)\to \Gamma ^{\infty }(M,E)} ein geometrischer Differentialoperator zweiter Ordnung. Dieser heißt verallgemeinerter Laplace-Operator, falls für sein Hauptsymbol

σ H 2 ( x , ξ ) = ξ 2 {\displaystyle \sigma _{H}^{2}(x,\xi )=\|\xi \|^{2}}

für x M {\displaystyle x\in M} und ξ T x M {\displaystyle \xi \in T_{x}^{*}M} gilt. Die Norm wird durch die riemannsche Metrik induziert und daher ist auch die Definition abhängig von der Metrik.

Beispiele

Im Folgenden werden einige bekannte Beispiele verallgemeinerter Laplace-Operatoren vorgestellt. Dazu sei wieder wie in der Definition ( M , g ) {\displaystyle (M,g)} eine n {\displaystyle n} -dimensionale, kompakte riemannsche Mannigfaltigkeit und π : E M {\displaystyle \pi \colon E\to M} ein Vektorbündel.

Laplace-Beltrami-Operator

Definition

Der Laplace-Beltrami-Operator ist definiert durch

Δ f := div ( grad f ) . {\displaystyle \Delta f:=\operatorname {div} (\operatorname {grad} f).}

für zweimal stetig differenzierbare Funktionen f : M R {\displaystyle f\colon M\to \mathbb {R} } . Dabei bezeichnet grad f {\displaystyle \operatorname {grad} f} den Gradienten der Funktion f {\displaystyle f} , ein Vektorfeld auf M {\displaystyle M} . Die Divergenz eines Vektorfeldes X {\displaystyle X} auf M {\displaystyle M} an der Stelle p M {\displaystyle p\in M} ist definiert als die Spur der linearen Abbildung X : T p M T p M {\displaystyle \nabla X\colon T_{p}M\to T_{p}M} , ξ ξ X {\displaystyle \xi \mapsto \nabla _{\xi }X} , wobei {\displaystyle \nabla } der Levi-Civita-Zusammenhang auf M {\displaystyle M} ist. Hat man als Definitionsbereich eine offene Teilmenge des R n {\displaystyle \mathbb {R} ^{n}} , betrachtet als Mannigfaltigkeit über sich, so ist der Zusammenhang {\displaystyle \nabla } die gewöhnliche Richtungsableitung und div {\displaystyle \operatorname {div} } die aus der reellen Analysis bekannte Divergenz eines Vektorfeldes. In diesem Fall erhält man den bekannten Laplace-Operator.

Lokale Koordinaten

Es seien ( x 1 , , x n ) {\displaystyle (x_{1},\dots ,x_{n})} lokale Koordinaten auf M {\displaystyle M} und x 1 , , x n {\displaystyle {\tfrac {\partial }{\partial x_{1}}},\dots ,{\tfrac {\partial }{\partial x_{n}}}} die zugehörigen Basisfelder des Tangentialbündels. Mit g i j {\displaystyle g_{ij}} für 1 i , j n {\displaystyle 1\leq i,j\leq n} seien die Komponenten der riemannschen Metrik g {\displaystyle g} bezüglich dieser Basis bezeichnet.

Die Darstellung des Gradienten grad {\displaystyle \operatorname {grad} } in lokalen Koordinaten lautet dann

grad f = i , j ( g i j f x j ) x i {\displaystyle \operatorname {grad} f=\sum _{i,j}\left(g^{ij}{\frac {\partial f}{\partial x_{j}}}\right){\frac {\partial }{\partial x_{i}}}} .

Hierbei ist ( g i j ) {\displaystyle (g^{ij})} die inverse Matrix der Matrix ( g i j ) {\displaystyle (g_{ij})} .

Die Darstellung der Divergenz eines Vektorfelds X = i X i x i {\displaystyle \textstyle X=\sum \limits _{i}X^{i}{\tfrac {\partial }{\partial x_{i}}}} ist

div X = 1 det g i x i ( det g X i ) {\displaystyle \operatorname {div} X={\frac {1}{\sqrt {\det g}}}\sum _{i}{\frac {\partial }{\partial x_{i}}}\left({\sqrt {\det g}}X^{i}\right)} ,

wobei det g {\displaystyle \det g} die Determinante der Matrix ( g i j ) {\displaystyle (g_{ij})} ist.[1]

Setzt man diese Gleichungen zusammen, so erhält man die lokale Darstellung

Δ f = div ( f ) = 1 det g i , j x i ( det g g i j f x j ) {\displaystyle \Delta f=\operatorname {div} (\nabla f)={\frac {1}{\sqrt {\det g}}}\sum _{i,j}{\frac {\partial }{\partial x_{i}}}\left({\sqrt {\det g}}\,g^{ij}{\frac {\partial f}{\partial x_{j}}}\right)}

des Laplace-Beltrami-Operators bezüglich der Metrik g {\displaystyle g} . Setzt man in dieser Formel für den Laplace-Beltrami-Operator die Darstellung des euklidischen metrischen Tensors in Polar-, Zylinder- oder Kugelkoordinaten ein, so erhält man die Darstellung des üblichen Laplace-Operators in diesen Koordinatensystemen.

Hodge-Laplace-Operator

Sei A ( M ) := i = 1 n A i ( M ) {\displaystyle \textstyle {\mathcal {A}}(M):=\bigoplus _{i=1}^{n}{\mathcal {A}}^{i}(M)} der Raum der Differentialformen über M {\displaystyle M} und d : A i ( M ) A i + 1 ( M ) {\displaystyle \mathrm {d} :{\mathcal {A}}^{i}(M)\to {\mathcal {A}}^{i+1}(M)} die äußere Ableitung. Die adjungierte äußere Ableitung wird mit δ {\displaystyle \delta } bezeichnet. Dann heißt der Operator

Δ := d δ + δ d = ( d + δ ) 2 {\displaystyle \Delta :=\mathrm {d} \delta +\delta \mathrm {d} =(\mathrm {d} +\delta )^{2}}

Hodge-Laplace- oder Laplace-de-Rham-Operator und ist ein verallgemeinerter Laplace-Operator.[2] Die Namen stammen daher, dass dieser Operator in der klassischen Hodge-Theorie und dem damit eng verbundenen De-Rham-Komplex Anwendung findet.

Dirac-Laplace-Operator

Ein Dirac-Operator

D : Γ ( M , E ) Γ ( M , E ) {\displaystyle D:\Gamma ^{\infty }(M,E)\to \Gamma ^{\infty }(M,E)}

ist gerade so definiert, dass er durch quadrieren einen verallgemeinerten Laplace-Operator induziert. Das heißt, D 2 : Γ ( M , E ) Γ ( M , E ) {\displaystyle D^{2}:\Gamma ^{\infty }(M,E)\to \Gamma ^{\infty }(M,E)} ist ein verallgemeinerter Laplace-Operator und wird Dirac-Laplace-Operator genannt. Diese Laplace-Operatoren spielen eine wichtige Rolle im Beweis des Indexsatzes.

Bochner-Laplace-Operator

Definition

Der Bochner-Laplace-Operator wird mit dem metrischen Zusammenhang E : Γ ( M , E ) Γ ( T M E ) {\displaystyle \nabla ^{E}\colon \Gamma (M,E)\to \Gamma (T^{*}M\otimes E)} auf dem Vektorbündel E {\displaystyle E} definiert. Sei außerdem T M : Γ ( M , T M ) Γ ( T M T M ) {\displaystyle \nabla ^{T^{*}M}\colon \Gamma (M,T^{*}M)\to \Gamma (T^{*}M\otimes T^{*}M)} der Levi-Civita-Zusammenhang und T M E {\displaystyle \nabla ^{T^{*}M\otimes E}} der durch E {\displaystyle \nabla ^{E}} und T M {\displaystyle \nabla ^{T^{*}M}} induzierte Zusammenhang auf dem Bündel T M E {\displaystyle T^{*}M\otimes E}

dann ist der Bochner-Laplace-Operator durch

Δ E := Tr g ( T M E E ) . {\displaystyle \Delta ^{E}\cdot :=-\operatorname {Tr} _{g}\left(\nabla ^{T^{*}M\otimes E}\nabla ^{E}\cdot \right)\,.}

definiert. Die Abbildung Tr g {\displaystyle \operatorname {Tr} _{g}} ist dabei die Tensorverjüngung bezüglich der riemannschen Metrik.[3]

Eine äquivalente Definition des Bochner-Laplace-Operators ist

Δ E := ( E ) E . {\displaystyle \Delta ^{E}:=-(\nabla ^{E})^{*}\nabla ^{E}.}

Dabei ist ( E ) {\displaystyle (\nabla ^{E})^{*}} der adjungierte Operator bezüglich der riemannschen Metrik g {\displaystyle g} .

Lokale Darstellung

Wählt man als Zusammenhang den Levi-Civita-Zusammenhang so erhält man in lokalen Koordinaten mit dem orthonormalen Rahmen e 1 , , e n {\displaystyle e_{1},\ldots ,e_{n}} die Darstellung[3]

Δ E = i = 1 n ( e i E e i E e i e i E ) . {\displaystyle \Delta ^{E}=-\sum _{i=1}^{n}\left(\nabla _{e_{i}}^{E}\nabla _{e_{i}}^{E}-\nabla _{\nabla _{e_{i}}e_{i}}^{E}\right)\,.}

Eigenschaften

  • Ein verallgemeinerter Laplace-Operator ist ein geometrischer Differentialoperator der Ordnung zwei.
  • Da ein verallgemeinerter Laplace-Operator, wie in der Definition gefordert, das Hauptsymbol | ξ | 2 {\displaystyle |\xi |^{2}} hat, ist er ein elliptischer Differentialoperator.
  • Jeder Differentialoperator zweiter Ordnung mit positiv definitem Hauptsymbol ist ein verallgemeinerter Laplace-Operator bezüglich einer geeigneten riemannschen Metrik auf der Mannigfaltigkeit und einer geeigneten hermiteschen Metrik auf dem Vektorbündel.
  • Sind ϕ , ψ Γ ( M , E ) {\displaystyle \phi ,\psi \in \Gamma ^{\infty }(M,E)} glatte Schnitte, so gilt
g ( Δ E ϕ , ψ ) = g ( E ϕ , E ψ ) {\displaystyle g(\Delta ^{E}\phi ,\psi )=g(\nabla ^{E}\phi ,\nabla ^{E}\psi )} .
  • Der Operator Δ E {\displaystyle \Delta ^{E}} ist nichtnegativ und wesentlich selbstadjungiert bezüglich L 2 ( X , E ) {\displaystyle L^{2}(X,E)} . Die Definition des L 2 {\displaystyle L^{2}} auf Mannigfaltigkeiten kann in dem Artikel über Dichtebündel nachgelesen werden.
  • Jeder verallgemeinerte Laplace-Operator H {\displaystyle H} bestimmt eindeutig einen Zusammenhang E {\displaystyle \nabla ^{E}} auf dem Vektorbündel E {\displaystyle E} und einen Schnitt B Γ ( M , End ( E ) ) {\displaystyle B\in \Gamma ^{\infty }(M,\operatorname {End} (E))} , so dass H = Δ E B {\displaystyle H=\Delta ^{E}-B} gilt, wobei Δ E {\displaystyle \Delta ^{E}} der Bochner-Laplace-Operator ist. Jeder verallgemeinerte Laplace-Operator stimmt also mit dem Bochner-Laplace-Operator bis auf eine Störung der Ordnung Null überein.

Quellen

  • Isaac Chavel: Eigenvalues in Riemannian Geometry (= Pure and Applied Mathematics 115). Academic Press, Orlando FL u. a. 1984, ISBN 0-12-170640-0.
  • Liviu I. Nicolaescu: Lectures on the geometry of manifolds. 2nd edition. World Scientific Pub Co., Singapore u. a. 2007, ISBN 978-981-270853-3.
  • Martin Schottenloher: Geometrie und Symmetrie in der Physik. Leitmotiv der Mathematischen Physik (= Vieweg-Lehrbuch Mathematische Physik). Vieweg, Braunschweig u. a. 1995, ISBN 3-528-06565-6.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Torsten Fließbach: Allgemeine Relativitätstheorie. 4. Auflage, Elsevier – Spektrum Akademischer Verlag, 2003, Kapitel 17 Verallgemeinerte Vektoroperationen ISBN 3-8274-1356-7
  2. H. B. Lawson, M. Michelsohn: Spin Geometry. Princeton University Press, 1989, ISBN 978-0691085425, S. 123
  3. a b Nicole Berline, Ezra Getzler, Michèle Vergne: Heat kernels and Dirac operators (= Grundlehren der mathematischen Wissenschaften 298). Berlin u. a. Springer 1992, ISBN 0-387-53340-0, S. 63–64.